Can’t Touch Us Now — eine Einführung

Wir stellen das neue MADNESS-Album vor.

Pete Onthebeat
Skablog.de: Ska, Rocksteady, Reggae

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Bilder: Ulrich Grobusch (Bochum, 04. 10. 2016)

Heute erscheint „Can’t Touch Us Now“, das zwölfte Madness-Album. Zur Feier des Tages stellen wir euch die 16 (!) Stücke einzeln vor.

Songtexte von Madness sind nicht immer ganz leicht verständlich. Wenn man sie aber versteht, erhöht das den Spaß ungemein. Deshalb haben wir bei der Band nachgefragt sowie bei einem sehr prominenten Madness-Fan.

  1. Can’t Touch Us Now (Autoren: Lee Thompson / Chris Foreman)

No, you can’t touch us now, we’re into deep.

We have all the treasures that we need.

Lee, The Queen, Kylie Minogue. http://www.zimbio.com/photos/Kylie+Minogue/Lee+Thompson

Offenbar noch unter dem Eindruck seines Besuchs bei der Queen (nach dem Auftritt auf dem Buckingham Palace 2012) schickt Lee Thompson einen Gruß an Princess Diana und Dodi.

Das glaubt jedenfalls Mike Barson. Wie so oft bei Lees Texten ist das nur eine von vielen Möglichkeiten.

Der Meister selbst sagt: „Gemeint sind die Medien, die Paparazzi und die Unberührbaren.“

„Wir nannten das ganze Album ‘Can’t Touch Us Now’, weil wir so viele Höhen und Tiefen hinter uns haben, wir sind so oft von der Presse an den Pranger gestellt worden, aber jetzt stehen wir besser da denn je. Die Schlaumeier und die Autoritäten können uns jetzt nichts mehr anhaben, also schien es uns ein treffender Titel.“ Suggs (Esquire Magazine)

2. Good Times (Daniel und Nick Woodgate)

I spend my days just spending money

And now it’s gone, it seems so funny

Here today and gone tomorrow

Why be poor when you can borrow?

Mike Barson: „Es geht um Leute, die in harten Zeiten nicht ihre Steuern zahlen wollen und auf Kosten anderer leben.“

3. Mr. Apples (McPherson)

Oh calm down, Mr. Apples

You’re gonna do yourself in

Tell us where you’ve been

Lassen wir Oliver Kalkofe, bekennender Madness-Fan, zu Wort kommen:

(Bild: Oliver Kalkofe privat)

„Ich will ja nicht zu viel hinein interpretieren, aber der anscheinend so sittsame Herr Apfel aka MR. APPLES scheint mir der wahre WIXXER zu sein! Stütze der Gesellschaft bei Tag, aber Taschenbillard im Rotlicht-Viertel bei Nacht — wir lernen: Auch die scheinbar ganz normale Welt steckt halt voller windiger Gestalten und verhinderter Superschurken!

Ich bin jedenfalls wieder einmal schwer begeistert — MR. APPLES ist ein klassischer Madness-Song, so wie wir Fans sie lieben. Doppeldeutig, ironisch-düster und dennoch fantastisch mitsing- und tanzbar im unverwechselbaren Madness-Sound. Mich hatte der Song jedenfalls schon nach den ersten Takten von Mikes Piano-Intro.

Freu’ mich wie ein kleines Kind über das neue Album und bin weiterhin mehr als stolz, Madness-Fan zu sein!“

4. I Believe (Thompson/Barson)

You can drift along on your own cloud

And I can take care of my own self

Auf einem klassischen Early Reggae Beat plädiert Mike Barson dafür, sich von religiösen Dogmen zu lösen: „’I Believe’ handelt von der Unabhängigkeit des religiösen Denkens.“

5. Grandslam (Foreman/Mc Pherson/Foreman)

And it’s Grand Slam, Grand Slam,

Am I everything you hope I am?

Just a piece of the masterplan?

Mike Barson: „Ist die Menschheit einfach nur ein schrecklicher Fehler, ein kurzes Leuchten auf einem Bildschirm oder steckt doch einen göttlicher Zweck dahinter?“

6. Blackbird (McPherson/Foreman)

She looked back at me and smiled

She winked one deep black mascara eye

Well I nearly missed the lamppost

Suggs: “Drei oder vier Tage bevor Amy Winehouse starb, kam sie mir auf der Dean Street in Soho entgegen. Ihre Gitarre baumelte über ihrer Schulter. Sie sagte ‚All right, Nutty Boy?’ im Vorbeigehen. Ich musste lachen, weil ich verdammte 55 Jahre alt bin, aber es war so ein typischer Winehouse Spruch — voll auf die Zwölf … Es ist so traurig.“

7. You are My Everything (Barson)

I’ll take your hand, do everything I can, I care for you

No matter what they say or do to me

Because you are my everything.

Mike Barson: „Ein Love Song und mein Versuch, eine Soul-Nummer zu schreiben. Rutsch mal rüber, Isaac Hayes!“

8. Another Version of Me (Daniel and Nick Woodgate)

I’ve got a friend, I’ve got a wife,

I’ve got the love, the love of my life.

„Mr. Woodgate entdeckt das einzig Wahre im Leben.” (Mike Barson) Woody selbst sagt: „Der beste Tag in den Toe Rag Studios war, als Clive [Langer, der Produzent] vorschlug, wir sollten mal versuchen, uns am Schlagzeugbeat aus „Ticket To Ride“ (Beatles) orientieren. Wir wussten, dass dem Stück etwas fehlte und der neue Beat erweckte es zum Leben.“

9. Mumbo Jumbo (Thompson/Finch)

Cobbled together, raise your right arm

Stoke a little fear back down Maggie’s farm

Mike Barson: “Lee drückt seinen Ärger über den erbärmlichen Zustand unserer politischen Anführer aus.” „Als Lee mich letzten Sommer besuchte, habe ich ihm was von Hayseed Dixie vorgespielt. Und kurze Zeit später tauchten auf einmal Mundharmonika und Mundorgel auf dem Track auf. Das Stück entstand über eine sehr lange Zeit und viele tausend Meilen, weil ich ihm immer wieder kleine Ideen aus Spanien rüber schickte. Lees Text ist fantastisch.“ (Keith Finch, Co-Autor)

10. Herbert (McPherson/Barson)

She was the preacher’s daughter

And I really didn’t oughta

Have taken her and down what I have done

He wants to take me to the cleaners

For previous misdemeanours

And get me up the aisle with a shotgun.

Mike Barson: „Eine unangemessene Begegnung eines armseligen Losers mit der Tochter eines Priesters und was daraus folgt.“

Man beachte auch das feine Ian Dury Zitat!

11. Don’t Leave The Past Behind You (Dan und Nick Woodgate)

Don’t leave the past behind you

But let us all move on

There’s a new horizon

And Life has just begun.

Mike Barson: “Vor uns allen liegt eine große Zukunft!”

12. (Don’t Let Them) Catch You Crying (Thompson/Foreman)

I’ll be your cushion for crying out loud

Your stick when you’re battling the crowd

Your navigator when your head’s in the clouds.

Mike Barson: “Ein Song über wahre Liebe und Treue.”

13. Pam The Hawk (McPherson/Barson)

On anorak wings, a little bird of prey

Mike Barson: „Pam Jennings war eine berühmte Bettlerin auf den Straßen Sohos.“ Suggs: „Sie war eine Freundin meiner Mutter. Sie machte um die 200£ am Tag, aber alles ging an die Buchmacher und in die Spielautomaten. Sie hatte diese unglaubliche Gabe, Geld aus den Leuten herauszukitzeln. Sie schenkte dir ihr zahnloses Lächeln, drohte dich zu umarmen und du gabst ihr ganz schnell ein Pfund, damit sie es nicht tat.“

14. Given The Opportunity (Thompson/Foreman)

Given the opportunity, you’d strip me bare

Given the opportunity, you’d take me

I have nothing more to add

I have nothing left to say

So just go away

“Ein Anklage an alle Menschen mit üblen Absichten.” (Mike Barson)

15. Soul Denying (Thompson/Barson)

Are you still going to be there?

When the morning comes

And all the birds have flown?

“Ein ganz alter Song, den wir nie fertig bekommen hatten. Es erinnert mich an unser drittes Album ‚7’.” (Chrissy Boy) “Der Text könnte sich auch auf Princess Diana und Dodi beziehen. Bei Lee weiß man das nie so genau.“ (Mike Barson)

16. Whistle In The Dark (Thompson/Barson)

Mit einem Waltzer voller verdrehter Wortspiele werden wir entlassen. An der Tuba Mark Bedford, die Säge bedient Mike Barson:

Everybody is bobbing in time

Sharing nonsensical tunes

Old Ghost arrive to shimmy and connive

Leaving a ripple or two

Wallowing in self interest over the garden wall

“’Whistle In The Dark’ beschreibt die Zeit, in der Lee über Häuserdächer klettern musste, um den Gesetzeshütern ihrer Majestät zu entkommen.“ (Mike Barson)

Das ausführliche Interview mit Mike und Lee findet ihr in der Dezemberausgabe der RIDDIM.

Can’t Touch Us Now ist heute erschienen auf CD, Vinyl und als aufwändige Deluxe Ausgabe, die es nur hier gibt.

Quellen: Eigene Interviews mit Mike Barson und Lee Thompson. Esquire Magazine, The Guardian und der Madness Information Service Newsletter Nr. 911.

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Autor (Riddim, Reggae Steady Ska, Dynamite!, Rockingsteady), DJ (Freedom Sounds Club Night, Montego Bar), Mitorganisator des Freedom Sounds Festivals in Köln.